Biografiearbeit als Instrument, Menschen zu verstehen

und Maßnahmen nachvollziehbar abzuleiten

IPK Integrative Pflege Biografie

Autorin: Maria Riedl

Biografiearbeit als Instrument, Menschen zu verstehen und Maßnahmen nachvollziehbar abzuleiten

Immer öfter kommen Anfragen an mich als Urheberin des Integrativen Pflegekonzeptes, eine verkürzte IPK-Ausbildung, ausschliesslich zum Thema Biografiearbeit, anzubieten. Gerne stimme ich dieser Möglichkeit zu. Dazu gibt es wie immer genormte Folien für die IPK-Referenten. Es versteht sich, dass die Foliensätze aus dem IPK® sind und dem Markenschutz unterliegen.

Mein Anbot beinhaltet meist zwei Tage: Einen Tag, um Grundlagen von Biografie-Erhebung den Teilnehmern näher zu bringen. Danach werden die Teilnehmer in die Praxis entlassen, um das Gelernte umzusetzen, also Biografien zu erheben und zu dokumentieren. Am Ausbildungstag 2 werden die mitgebrachten Beispiele ausgewertet und davon Maßnahmen abgeleitet.

Der Artikel ist für IPK-Anwender geschrieben, deshalb wird auf eine ausführliche Beschreibung verzichtet. Wir sprechen schließlich die selbe Pflegesprache.
Für alle Heime mit coronabedingt hoher Fluktation und daraus resultierendem Pflegenotstand ist der Artikel evtl. eine Möglichkeit Biografiearbeit einfach zu gestalten für neue Mitarbeiter, die noch nicht IPK ausgebildet sind.

Folie Biografiearbeit

Tag 1: Hinweise zur Erhebung:

  • Die Bedeutung der Eigenbiografie wird durch praktische Übungen (Timeline) den Teilnehmern näher gebracht. Dadurch wird das erste Erfolgserlebnis gesichert und die Brisanz des Thema für den integrativen Ansatz gesichert.
  • Die Handhabung der Timeline ist wie auf dem Arbeitsblatt angeführt:
    • Am linken Ende wird das Geburtsjahr des Teilnehmers eingetragen • am rechten Ende das aktuelle Jahr
    • dann werde objektive Jahreszahlen eingetragen (was war wann?)
    • danach werden zu den Jahreszahlen und Schlagworten die Geschichten erinnert
    • die Gefühle werden bewertet (+ oder -)
    • dann wird versucht das Gefühl zur Geschichte zu benennen
    • der Sinn ist, dass Teilnehmer erkennen, welche Spuren im Verhalten gefühlsbetonte Geschichten hinterlassen.
    • Nach der Timelinearbeit werden Erhebungstechniken für die Biografiearbeit mit Bewohnern erläutert

Folie Timeline

  • Lernelemente dieser Tagesausbildung sind
    • Gewohnheiten und Prägungsphänomene zu erfahren
    • Augenmerk auf Problemsituationen der Pflege zu legen
    • Schwerpunkte des Lebens und sinnstiftende Geschichten zu erfahren
    • Grundwissen über Identität wird den Teilnehmern erläutert
    • der Schwerpunkt wird auf emotional erzählte Geschichten gelegt

  • Unterschiede zur gesamten IPK-Ausbildung:
    • Selbstverständlich wird aufgrund der Kürze von zwei Tagen der IPK-Inhalt gekürzt
    • Die IPK-Formulare werden vorgestellt
    • die Teilnehmer entscheiden jedoch, wie sie dokumentieren

Tag 2:

  • Für den zweiten Tag bringen die Teilnehmer ihre erhobenen Geschichten mit in den Ausbildungstag.
  • Frühestens vier Wochen nach Tag 1, wird Tag 2 terminisiert, damit Lernbeispiele möglich werden

Folie Auswertung

  • die unten angeführte Folie soll verdeutlichen, dass Biografie nie fertig ist
  • die nicht beschriebenen Steinchen symbolisieren, dass es keine komplette Biografie gibt und dass je nach Schlüsselreizen jederzeit neue Episoden erzählt werden können
  • Alle Möglichkeiten der Auswertung finden sich auf den Steinchen beschrieben
  • Aufgrund meines Farbwissens wurde die korrekte Farbe für die Auswertungshinweise gewählt (vgl. Riedl, 2022, In: Integrative Pflege 2022/1, S. 5-10).

Folie Biografiearbeit

Maßnahmenmöglichkeiten aus der Auswertung:

  • Die Maßnahmen, biografisch abgeleitet begründen sich in der Auswertung
  • Ausgewertet wird nach den Anregungen der Mosaik-Steinfolie
  • Selbstverständlich können fehlende Ideen, wie immer, erweitert werden.
  • Ich nehme zur Auswertung eine Flipchart, diese unterteile ich in drei Spalten (wie bekannt aus der IPK-Ausbildung) mit der Überschrift: Erhebung, Auswertung und Maßnahmen und bearbeite alle mitgebrachten Beispiele nach diesem Schema.

Folie Flipchart

  • Die Teilnehmer werden motiviert, für sich die Auswertung und Maßnahmen und evtl. Ergänzungen zu notieren.
  • Die Teilnehmer erkennen, dass durch die Auswertung biografische Maßnahmen begründet werden können.
  • Fragen aller Art werden fachgerecht beantwortet.
  • Je nach Länge das Fallbeispiels werden mehrere Flipchartbilder beschrieben

Gefühle und Farben:

Gefühle spielen auch in der zweitägigen Schulung eine große Rolle. Wir alle haben biografische Assoziationen bei verschiedenen Farben. So können auch Bedeutungen diverser Farben in die Biografiearbeit einfließen. Diese Erkenntnisse können wiederum für die Planung von Maßnahmen bedeutsam sein.

Also: Jeder von uns hat biografische Vorstellungen, die mit Farben und Metaphern zu Gefühlen verknüpft sind, z.B: Wut im Bauch, mit den Zähnen knirschen, das Herz schlägt bis zum Hals, heiße Liebe, Schmetterlinge im Bauch, Gänsehaut haben...

So möchte ich am Ende des Artikels ein kleines, sehr einfaches Gedicht abdrucken, das für die Biografie zum Nachdenken dienlich sein kann.

Gefühle sind so wie… Farben

Wenn dich etwas traurig und unglücklich macht,
ist alles rabenschwarz wie die dunkle Nacht.

Wenn du sehr zornig bist und so voller Wut,
ist alles feuerrot, so wie im Ofen die Glut.

Wenn du dich wohl fühlst und ganz geborgen,
ist alles himmelblau wie ein Sommermorgen.

Wenn du froh bist und kannst sogar glücklich sein,
ist alles goldgelb wie heller Sonnenschein.

Wenn du dich gut fühlst - voller Unternehmungslust,
ist alles grasgrün wie eine Wiese im August.

Wenn du dich einsam fühlst und so ganz allein,
ist alles grau wie ein Tag ohne Sonnenschein.

Wenn du dich heiter fühlst und siehst lustig aus,
ist alles bunt wie ein Sommerblumenstrauß.

Wenn du dich verliebt fühlst und kriegst einen Kuss,
ist alles rosarot wie ein Herz mit Zuckerguss.

(Medienwerkstatt Mühlacker Verlagsgesellschaft mbH)